Die Krankheit der Volksparteien

Unsere Intelligenzja rätselt über die Gründe des Niedergangs der SPD. Darauf die kleinen Leute einmal zu fragen was da nicht stimmt kommt man natürlich nicht. Woher sollten die kleinen Leute auch wissen wieso sie die SPD nicht mehr wählen?

Die SPD hat ein Problem, die Populisten jagen ihr die Wähler ab. Das wird so ja gerne erzählt, aber es ist großer Bullshit. Man meint hier ja die AfD und die ist erst im Lauf der Finanzkrise ab 2008 in Erscheinung getreten. Bei der Bundestagswahl 2009 bekam die AfD genau 0%, sie trat dort noch nicht einmal an. Die SPD schaffte es 2009 auf ganze 23%, das sind 6% mehr als es die derzeitige Umfragelage mit 17% hergibt.

Und jetzt ist der Katzenjammer groß, wegen 6%…

Auf die Frage was zuvor passiert ist kommt man nicht. Im Jahr 1998, also 11 Jahre vor 2009 kam die SPD noch auf 41%, das sind ganze 18% mehr als die 23% von 2009. Man rätselt aber nicht was da passiert ist, der Verlust von 18% ist einfach nur Geschichte, man doktert lieber an den letzten 6% herum. Hierbei tut man dann auch noch so als gäbe es da so etwas wie „zwei Phasen“, eine Ära „vor den Populisten“ und eine Ära „seit den Populisten“. Also man kommt einfach nicht darauf, dass man die 18% und die 6% auch auf 24% addieren könnte weil sie einfach zusammengehören. Dass man früher 18% an „irgendwen“ und jetzt 6% an „die Populisten“ verloren  hat, das ist dem selben Grund geschuldet, die SPD hat einfach Wähler verloren. Das ist die einzige Erkenntnis die zählt, die Leuten wenden sich von der SPD ab. Punkt. Wohin sie danach gehen kann der SPD vollkommen egal sein, die Frage muss sein wieso sie gehen.

An dieser Stelle kommen dann unsere Dampfplauderer ins Spiel. Die Chatting Class samt ihrer soziologisch verwirrten Stichwortgeber stochert da ordentlich im Nebel. Da wird ständig irgendwas mit Sozialdemokratie geblubbert, verstanden was Sozialdemkratie eigentlich ist hat da aber niemand.

Aus der WÄHLERSICHT war die alte Sozialdemokratie immer nur eines, eine knallharte Vertretung der Interessen ihres Geldbeutels. Genau das war es was die kleine Krankenschwester, den Arbeiter und die kleinen Angestellten dazu veranlasst hat die SPD zu wählen. Man hatte das Gefühl das sind „unsere Jungs“ und die schützen uns davor von „denen da oben“ vollkommen ausgenommen zu werden.

Alles was Sozialdemokratie angeblich sonst noch ist war da nur geduldet. Das war OK so lange es die Gelbeutelinteressen der kleinen Leute nicht zu sehr störte. Aber die langfristige Wählerbindung, die war nur durch die Lobbyfunktion der SPD gesichert.

Heute ist Sozialdemokratie irgendwas mit Europa, der UN, Minderheiten, Flüchtlingen und (ganz schrecklich) Privilegien die man irgendwem wegnehmen müsse. Das ist der pure Wahnsinn, da ist nichts mehr was der gemeine Alman mit kleinem Geldbeutel und großem Geldbeutelinteresse wählen könnte.

Nur einmal ein Beispiel. Da rennen die Apparatschicks der SPD durch die Gegend und erklären man müsse „den Weißen“ ihr Privilegien wegnehmen um sie „den Farbigen“ geben zu können. Da zuckt der gemeine Alman (samt Frau Alman) erst einmal zusammen und fragt sich welche Privilegien man ihm denn jetzt wegnimmt, ganz so viele hat er ja doch nicht. Was könnte da gemeint sein? Der einigermaßen sichere Arbeitsplatz? Das Einkommen das gerade so über die Runden reicht? Die einigermaßen bezahlbare Wohnung? Und gleich im Anschluß fragt er sich, wieso er eigentlich inklusive Fahrzeit und Überstunden 55 Stunden die Woche malochen geht und keine Privilegien von irgendwem übertragen bekommt. Wenn dann noch die aktuelle Mieterhöhung ins Haus flattert und die Gegend vollkommen diversitygerecht den Bach runter geht, dann kommt beim Alman irgendwann die Einsicht, die SPD schert sich nicht mehr um die Masse der kleinen Leute, sie schert sich noch um kleine Minderheiten.

Wo ist da die Interessenvertretung die der SPD einst über 40% bescherte noch? Das ist doch nur noch irre, so kann man 10% der Stimmen bekommen, aber eine „Volkspartei“ ist das nicht mehr. Im Gegenteil, die SPD wird von vielen ihrer früheren Wähler als „Anti-Volkspartei“ betrachtet, als Bedrohung ihrer eigenen, kleinen Interessen.

Bei der Union sieht es nicht viel besser aus, nur hat die einen Vorteil, die gemeine Unionswähler besteht eher auf den Erhalt des Funktionierenden (nicht des Alten an sich!) als auf seinen eigenen finanziellen Vorteil. Das mag daran liegen, dass der gemeine Unionswähler schon von vorne herein etwas mehr Geld hat als der klassiche SPD-Wähler, aber darauf kommt es nicht an. Der gemeine CDUler wünsch sich primär den Erhalt des Funktionierenden. Er hat auch nichts gegen Veränderung, nur muss der Zustand nach der Veränderung besser funktionieren als zuvor, sonst ist es für ihn keine akzeptable Veränderung sondern nur unnötige Zerstörung.

Die Union leidet hierbei an der gleichen Krankheit wie die SPD, man bedient einfach die Stammkundschaft nicht mehr. Die ist zu langweilig, es ist viel sexyer irgendwelchen neumodernen Krimskrams zu machen. Der Vorteil den die Union hier hat, die nicht funktionierenden Veränderungen zeigen sich oft erst sehr spät.

Nur ein Beispiel, den Rechtsstaat zu zersetzen hat ja Jahrzehnte gedauert (wir brauchen da nicht zu diskutieren, der Rechtsstaat funktioniert aus Sicht vieler CDUler nicht mehr und die CDU ist da mindestens der Untätigkeit schuldig) und dann sind Konservative ja auch noch geduldig genug zuerst einmal um die Reparatur des Schadens zu bitten. Erst wenn die Reparatur verweigert wird wendet er sich ab. Und solche Prozesse dauern dann deutlich länger als die wirtschaftlichen Prozesse die dem ehemaligen SPDler an den Geldbeutel gehen (oder zu gehen drohen). Darum ist die Union beim massiven Wählerverlust auch später dran als die SPD, die Krankheit ist aber die selbe. Man hat vergessen weshalb einen die Leute eigentlich wählen…

Die ehemaligen Volksparteien sind bis zur nächsten Bundestagswahl wohl in Summe auf deutlich unter 35% runter. Die SPD wird wohl zwischen 10% und 15% liegen und die Union zwischen 20% und 25%. Tendenz fallend. Es gibt einfach zu wenige „echte“ Sozialdemokraten und Christdemokraten die in dem was da getrieben wird noch Sozialdemokratie und Christdemokratie erkennen können. Muss an den Wählern liegen, die sind einfach zu doof um die Großartigkeit der einstigen Volksparteien erkennen zu können.

Wie auch immer, die GroKo wäre vor nicht all zu langer Zeit noch auf um die 80% gekommen. Wenn sie demnächst unter 40% absackt, dann hat sie die Hälfte ihrer Wähler in ungefähr 20 Jahren verloren, das muss man im Lande der trägen Teutonen erst einmal hinbekommen, ohne die Leute mehr oder wenige mit Absicht zu vergraulen geht das jedenfalls nicht. Aber schuldig sind ja „die Rattenfänger“, also die Populisten. Aber die können halt nicht mehr tun als die von den Volksparteien selbst aufgelösten Wählerverbindungen zu nutzen. Der gemeine CDUler und der kleine Soze gehen erst Hand in Hand zur AfD wenn man sie zuvor aus ihrer alten politischen Heimat vertrieben hat. Ende.