Deutsches Recht für Journalistinnen – Notstandsgesetze

(Aus Februar 2016)

Auahaha, böses Fettnäpfchen. Während Frau Petry denkt Beamte dürfen an der Grenze vorsorglich rumballern denkt Frau Kiyak von der Zeit wir bräuchten Notstandsgesetze damit die Polizei gegen pöbelnde Sachsen durchgreifen kann. Beide Damen haben sich nicht mit dem UZwG befasst, Frau Petry meint die Behörden dürften alles, Frau Kiyak denkt die Behörden dürften nichts, das dürften dann wohl die beiden Seiten der Medaille der Unkenntnis sein, Rechts und Links sozusagen.

Was sollte denn in einem solchen Notstandsgesetz stehen? Frau Kiyak konkretisiert den Inhalt des von ihr geforderten Gesetzes nicht, also muss ich spekulieren, was ich ja gerne tue. Es ging um den pöbelnden Sachsenmob in Clausnitz und die Jubelsachsen in Bautzen, aber wo ist da der Notstand? Handelt es sich am Ende um ein Zwangsbildungsgesetz mit dem Fokus auf die humanistische Lehre? Ich glaube nicht, angesichts des kämpferischen Artikels vermute ich eine aggressivere Zielrichtung. Aber welche?

Fangen wir zuerst einmal mit dem Notstand an sich an. Es handelt sich hier um eine Situation die mit den gewöhnlichen Mitteln nicht zu beherrschen ist, ein besonders ausgeprägter Sonderfall. In einer solchen Ausnahmesituation kann es nötig sein das übliche Kleinklein des Rechtstaates kurz abzustellen und sozusagen mit dem großen Hammer draufzuhauen. Und dies gilt es jetzt in ein Gesetz zu kleiden welches dann der vermeintlichen Intention von Frau Kiyak entspricht. Mir schwant schon an dieser Stelle Böses.

Sehen wir uns die Bautzen-Notstandssituation an, dort brannte eine zukünftige Flüchtlingsunterkunft, ungefähr 20 Zuschauer beobachteten die Löscharbeiten. Hierbei brachten die Zuschauer ihre Freude am brennenden Asylantenheim zum Ausdruck, einige Wenige versuchten sogar die Löscharbeiten zu behindern. Wo ist hier der Notstand den es per Sondergesetz zu beheben gilt? Die Behinderung der Löscharbeiten ist schon heute nicht rechtens und kann von der Polizei unterbunden und von der Justiz verfolgt werden. Das Zusehen bei Bränden ist legal, so lange man sich hier nicht selbst und auch keine Anderen gefährdet, so wie die Löscharbeiten nicht behindert ist das Zusehen nicht verboten. Sollte aus der Zuschauermenge eine ungenehmigte Versammlung werden kann diese aufgelöst werden. Auch ist das Äußern von Freude angesichts eines brennenden Gebäudes nicht verboten so lange es nicht in volksverhetzerischer Weise geschieht. Im Umkehrschluss ist volksverhetzerische Freude dementsprechend bei Strafe untersagt.

Ich weiß jetzt nicht wo Frau Kiyak hier den Ansatzpunkt für ein Notstandsgesetz sieht. Worauf sollte das Gesetz denn abzielen, auf das „Zusehen“ oder die „unangebrachte Freude“? Gegen alles andere gibt es ja schon Gesetze.

Weiter zu Clausnitz, hier kam ein Bus mit Flüchtlingen an. Er wurde von einigen Dutzend Clausnitzern empfangen die ihren Unmut über die Neuankömmlinge lautstark zum Ausdruck brachten. Zuerst wurde der Fahrweg des Busses blockiert, dann wurde Unappetitliches (aber nichts verbotenes) skandiert. Die verschreckten Flüchtlinge wollten daraufhin den Bus nicht mehr verlassen, wurden aber irgendwann von der Polizei dann doch ins Wohnheim genötigt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Ankunft des Busses vom Bruder des Heimleiters in die Öffentlichkeit getragen wurde, nur hierdurch könnte sich das Empfangskomitee überhaupt zum richtigen Zeitpunkt formieren.

Zuerst einmal betrachten wir den „Geheimnisverrat“ des Heimleiters. Ohne ins Detail gehen zu wollen, dem Mann drohen Disziplinarstrafen bis hin zur Entfernung aus dem Amt, im Falle einer freien Trägerschaft geht es bis zum Entzug des Vertrages für den Heimdienstleister.

Die Blockade des Busses wurde von der Polizei aufgelöst, die „Demonstranten“ kamen dem schnell nach, hätten sie das nicht getan wäre der Polizei ein sehr rabiates Vorgehen gestattet gewesen.

Als der Bus vor dem Heim stand skandierte die Menge „Wir sind das Volk“ und ähnliche unpassende Volksweisheiten, jedoch wurde die Verbringung der Flüchtlinge in die Unterkunft nicht direkt behindert. Die Flüchtlinge wollten jetzt aber nicht mehr ins Heim und die Polizei nötigte sie dann dazu.

Auch hier fehlt mir der Ansatzpunkt für ein Notstandsgesetz. Die unangemeldete Versammlung wurde von der Polizei auf Grund der Überzahl der Demonstranten nicht aufgelöst, außerdem folgten die Demonstranten auch den Anweisungen der Polizei, lediglich das Geschrei wollten sie partout nicht einstellen. An welchen Sachverhalt knüpft nun das Notstandsgesetz an, an das „Geschrei“, den „Bus mit Flüchtlingen vor dem Heim“ oder an „verängstigte Flüchtlinge“?

Also in Gesamtschau muß festgestellt werden, dass es keine sinnvollen Inhalte für ein Notstandsgesetz gibt. Sicher, was da geschah war nicht nett, aber wie definiert man ein rein moralisches Fehlverhalten so dass es am Ende nicht zur ordnungspolitischen Lachnummer wird?

Gehen wir einmal einen Schritt weiter, tun wir so als sei es gelungen ein nebulöses moralisches Fehlverhalten sinnig zu definieren. Dieser Definition zu Folge wären dann die Demonstranten „böse“ gewesen, was der Polizei dann gemäß Notstandsgesetz erlaubt hätte über das jetzt schon zulässige Maß hinaus tätig zu werden. Wie sähe diese Tätigkeit der Polizei denn dann aus? Realistischerweise würde die Polizei solche Demonstranten dann wohl verprügeln oder  erschießen. Schon heute ist der Polizei hier gestattet hart zu reagieren, aber der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben. Sollte ein Notstandsgesetz eine noch härtere Gangart erlauben dann ginge dies ja nur wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit außer Kraft gesetzt würde.

An dieser Stelle sollte es klar sein. Die Forderung nach einem Notstandsgesetz ist großer Bullshit. In so einem Gesetz könnte in Bezug auf obige Fälle sinngemäß nur folgendes stehen:

„Böse Menschen dürfen von der Polizei jederzeit verprügelt oder erschoßen werden. Sollten die bösen Menschen böse zu Flüchtlingen sein, dann müssen sie von der Polizei verprügelt oder erschoßen werden“

Frau Kiyak, willkommen in der Petry-Liga!

 

P.S.

Warum kapiert das ein Handwerker, aber eine Qualitätsjournalistin nicht?